„Nicht nur, daß Frauen Filme machen, ist wichtig, sondern auch, daß sie gezeigt und gesehen werden.“ So steht es im ersten Flugblatt der Initiative für ein Feministisches Kommunales Kino, wie Blickpilotin e.V. anfangs hieß.14 Jahre lang – von 1989 bis 2003 – organisierte und präsentierte eine Gruppe von Frauen in wechselnden Konstellationen, an verschiedenen Orten in Berlin und anderswo Filmprogramme, die den Blick auf das Filmschaffen von Frauen lenkten.
Viele Regisseurinnen, Drehbuchautorinnen, Kamerafrauen, Filmkomponistinnen… wurden so (wieder-)entdeckt, viele Filme unter neuen Fragestellungen gesehen und diskutiert.
Blickpilotin betrieb Forschung zu Film-Autorinnen, Film-Genres und Film-Ländern, sammelte und archivierte spezifische Filmliteratur und gab eigene Publikationen heraus.
Zu ihrer Zeit wurde die Arbeit der Initiative als sichtbare Bereicherung der Berliner Kinolandschaft von Publikum und Presse gleichermaßen geschätzt. Als Teil der Frauen-Filmgeschichte wird sie nun - Jahre später - auf dieser Website dokumentiert.
Das Projekt Blickpilotin war nur durch die Begeisterung und finanzielle Förderung zahlreicher Sympathisant_innen möglich. Vielen Dank an alle Unterstützer_innen, insbesondere an Karin Hofmann vom Künstlerinnenprogramm, Karl Winter und Hildegard Westbeld!
Zur Geschichte
In Berlin (West) wird 1989 ein rot-grüner Senat gewählt, man
verspricht stärkeres frauenpolitisches Engagement.
Fünf Frauen (Katrin Schulz/Kölling, Maria Schmidt, Madeleine
Bernstorff, Regina Schütze/Holzkamp und Stefanie Hetze) beschließen,
den Senat beim Wort zu nehmen und gründen die Initiative für ein
Feministisches Kommunales Kino.
Erfahrungen mit feministischen und anderen Programmen haben alle
bereits gemacht, z.B. in der Landesbildstelle, dem Furienkino im
K.O.B., dem Lesbenarchiv Spinnboden und dem Sputnik Kino im Wedding.
Das gemeinsame Projekt stellen wir im Mai 1989 bei der
Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten vor. Die Idee wird
dort zwar interessiert aufgenommen, eine Dauerförderung zur
Finanzierung eines Kinos aber vorerst nicht in Aussicht gestellt. Es
heißt, wir sollen uns zunächst als Gruppe bzw. Verein durch
Einzelveranstaltungen und Filmreihen einen Namen machen.
Beim Kongress zum 10-jährigen Jubiläum des Verbandes der
Filmarbeiterinnen im Oktober 1989 in der Akademie der Künste stellt
sich die Initiative dann erstmals öffentlich vor. Wir präsentieren
mehrere Programme mit Experimental- und Dokumentarfilmen, den
Kinamo-Filmen von Ella Bergmann-Michel aus den 1930er Jahren und als
Berliner Erstaufführung den Spielfilm NANA (USA 1934) von Dorothy
Arzner – hier zeigt sich bereits die Bandbreite der Interessen und
Möglichkeiten.
Zur Koordination der folgenden Veranstaltungen und als Treffpunkt
dient bald darauf ein Büroraum im Araquin in der Schöneberger
Bülowstraße. Ein kleines Archiv entsteht aus Filmliteratur,
Filmprogrammen und gesammeltem Material zu einzelnen
Filmemacherinnen und Themenschwerpunkten.
Mit Unterstützung der Filmemacherinnen Maria Lang und Ute Aurand
wird ein Verein gegründet. Er trägt zuerst den langen Namen „Verein
zur Förderung feministischer Film-Bildungsarbeit e.V.“ und bekommt
bald darauf den Kurznamen „Blickpilotin“ voran gestellt. Das spricht
sich leichter, das Telefon ist zu dieser Zeit noch das
Kommunikationsmittel Nr. 1.
Die Gruppe der Aktiven vergrößert sich: Birgit Kohler, Silvia
Hallensleben und Andrea Klein kommen dazu, eine Zeit lang auch
Gudula Meinzolt, Doro Etzler und Gisi Cuno.
Das Büro wird schnell zur Anlaufstelle für Filminteressierte,
Studierende, Journalist_innen und Festivals. Sie kommen zur Beratung
oder bringen eigene Ideen ein. So entsteht beispielsweise die
Filmreihe „Muriel Box – Let me entertain you“ auf Anregung von
Andrea Horakh, „Frauen(t)räume – Filme arabischer Regisseurinnen“
auf Initiative von Rebecca Hillauer, die Einladung der
luxemburgischen Regisseurin Geneviève Mersch mit Hilfe von Ann
Muller und das Film- und Vortragsprogramm mit Trinh T. Minh-ha in
enger Zusammenarbeit mit Hedwig Saxenhuber und Annette Sievert.
Ein Umzug wird u.a. durch die Vergrößerung des Archivs notwendig,
die Adresse ist nun Ritterstraße 11 in Kreuzberg. Die Aussicht auf
ein eigenes Kino ist zu dieser Zeit in die Ferne gerückt, die
Prioritäten des Senats haben sich Anfang der 1990er Jahre verändert.
Allerdings hat die Möglichkeit, die sehr unterschiedlichen Programme
an verschiedenen Spielstätten zu zeigen, auch Positives. Von der
Zusammenarbeit mit etablierten Kinos und Institutionen wie u.a. dem
Arsenal, dem fsk-Kino und dem Haus der Kulturen der Welt bis zu
kleineren Veranstaltungsorten wie Pelze multimedia profitieren
jeweils beide Seiten. Im Stadtteilzentrum PallasT, findet 2003 mit
„My Migrant Soul – Filme und Videos über Migration“ das letzte
Blickpilotin-Programm statt.
Erst 2007 - mit der Einsicht, dass Familien- bzw.
Professionalisierungsstrukturen zu wenig Freiraum für die Arbeit von
Blickpilotin lassen - wird der Verein aufgelöst.