Frauenaugen mit Pilotinnenbrille

Verein zur Förderung feministischer Filmbildungsarbeit e.V.

"Haben Sie heute schon einen Film von einer Frau gesehen?"

"Have You seen a Woman’s Film today? "

In der Nachfolge des zehnjährigen Geburtstags des Verbandes der Filmarbeiterinnen 1989 (gegründet im Herbst 1979, aufgelöst Anfang 2009) entstand die Aktion ‚Haben Sie heute schon einen Film von einer Frau gesehen? Have You seen a Woman’s Film today?’.

Sobald das Berlinale-Programm erschienen war, wurden – in der ersten Ausgabe – die Filme von Regisseuren mit Tipp-Ex ‚gelöscht’, so dass nur die (wenigen) Filme von Regisseurinnen übrig blieben und somit die vielen freien weißen Flächen eine deutliche visuelle Sprache sprachen. Dies wurde in hoher Auflage kopiert oder gedruckt und auf dem Festival verteilt.
In den nachfolgenden Jahren listeten die Aktivistinnen dann die Filme von Filmemacherinnen ähnlich wie im Blickpilotin-Mitteilungsblatt chronologisch oder nach Sektionen unterteilt und mit Credits auf.

Tatsächlich erzeugte die Aktion einen gewissen Legitimationsdruck auf die Festivalleitung, die Leiter der Berlinalesektionen mussten die geringe Anzahl der Filme von Regisseurinnen immer wieder auf den Pressekonferenzen rechtfertigen. Begonnen hatte die Filmemacherin Lilly Grote mit dieser Aktion 1990, danach wurde sie von wechselnden Personen im Umkreis des Verbandes der Filmarbeiterinnen e.V. oder von Blickpilotin e.V. weitergeführt.

Im Festivalprogramm 1992 ist das Geschlechterverhältnis 1 zu 10! 44 Filmen von Filmemacherinnen stehen 440 von männlichen Regisseuren gegenüber. dpa und der Tagesspiegel berichten über die Aktion, und nennen Blickpilotin ‚ein[en] Feministenverein’. Sie zitieren unseren Protest gegen die Festivalauswahl ausführlich, aber nicht ohne Süffisanz, verweisen jedoch auch auf die Blickpilotin-Filmvorführungen und das Nonnen-Filmbuch von Maria Schmidt ‚Schwesterlich, keusch und ohne Makel’. 2003 setzt Emma Hedditch mit dem feministischen Filmverleih cinenova (http://www.cinenova.org) die Aktion auf dem London Film Festival fort.
Link zum Folder mit der Auflistung von Filmen von Regisseurinnen bei der Berlinale 1992
1992
Link zum Folder mit der Auflistung von Filmen von Regisseurinnen bei der Berlinale 1992
2003

Die BLICKPILOTIN. Feministische Kino-Information.

Im Mai 1991, zwei Jahre nach der Gründung der ,Initiative für ein Feministisches Kommunales Kino’, erschien die erste BLICKPILOTIN als monatliche feministische Kino-Information für Berlin.

Die Unterstützerinnen und Unterstützer unseres Vereins wurden damit regelmäßig über Aktivitäten und über die Filme von Regisseurinnen / Filmemacherinnen im Berliner Kinoprogramm informiert. Ein Intro auf der Vorderseite bot einen Überblick, gefolgt von einem chronologischen Spielplan der Filme von Frauen mit Angabe der Orte. Einzelne Filmreihen wurden genauer dokumentiert, auf der Rückseite des gefalteten A3-Blatts wurden ausgewählte Kurzkritiken zu den Filmen des Spielplans zitiert.

Auflage der ersten Ausgabe waren 80 Stück, es gab ein Impressum und eine kleine Adressenliste, sowie die damals noch geltenden unterschiedlichen Telefonvorwahlen zwischen Ost- und Westberlin.

„Da ist sie wieder, die BLICKPILOTIN !“, beginnt die zweite Ausgabe. Unsere erste geförderte Filmreihe mit Filmen und Vorträgen zu der englischen Studioregisseurin Muriel Box (1905 -1991) wird vorgestellt. Im Juli geht es dann um die Filme der japanischen Schauspielerin und Regisseurin Kinuyo Tanaka (1909 – 1977) im Arsenal und unsere eigene Reihe im Pelze multimedia mit Filmen und Videos von Barbara Hammer. Auch ein Hinweis auf TEUFLISCHE BRÜSTE von Doris Wishman (1912 -2002) mit Chesty Morgan durfte nicht fehlen.

Auffällig beim heutigen Blick in diese ‚Blickpilotinnen’ ist die immense Vielfalt der Orte und Genres: zeitgenössische Studentinnenproduktionen sind genauso aufgeführt wie aktivistische Filme, Vorträge wie Experimentelles, Mainstreamfilme wie Hinweise auf den Frauenmedienladen Bildwechsel (http://www.bildwechsel.org) in Hamburg, interessante Filme von männlichen Regisseuren, eine Geburtstagsgratulation für Miss Margaret Marple Rutherford, ein Hinweis auf den Filmemacherinnen-Sendeplatz bei FAB-Berlin, auf CineSisters’ Auswahl von den schwullesbischen Filmtagen in Hamburg im Kino im K.O.B.

Oder es gibt einen kleinen Schwerpunkt über Kinobetreiberinnen in Berlin. In der Ausgabe vom Dezember 1992 veröffentlicht Maria Schmidt einen ausführlichen Verriss des FrauenFilmfestivals ‚Mörderinnen’ in Wien und fragt sich, ob sie nicht beim Roger-Corman-Festival in Bergamo besser aufgehoben gewesen wäre. „In der Regel wollen Mörderinnen nur eins: dass der Typ verschwindet und das möglichst schnell“, stellt sie fest und empfiehlt dann den Film STRAIT JACKET (USA 1964) mit Joan Crawford.

Im Januar 1993 erschien dann ein Hinweis auf die Tournee mit Marie Menkens Filmen und der Aufruf, dass wir für das weitere regelmäßige Erscheinen mehr Unterstützung brauchen – und wie schön es wäre Gastkolumnen zu haben, um dann mehr Zeit für die Recherche erübrigen zu können.

Die letzte Ausgabe der Kino-Information wurde im April 1993 publiziert mit einem ausführlichen Hinweis auf die Exil-Schauspielerin Dolly Haas (1910 – 1994), dem Wunsch nach einer Retrospektive der Drehbuchautorin Anita Loos und einem Hinweis auf den Film VERZAUBERT, in dem 13 Hamburger Schwule und Lesben im Alter zwischen 59 und 81 Jahren aus ihrem Leben erzählen. Von der BLICKPILOTIN blieb uns der Name.